Bewährte Pfeile für Europa
Die gleichen Maßnahmen könnten auch in Europa ein neues Wachstum auslösen, da es vor ähnlichen Herausforderungen steht. Die japanische Bevölkerung schrumpft seit 20 Jahren. Auch die Bevölkerung Europas hat in den letzten Jahren leicht abgenommen (wenn man sich die natürliche Veränderung ansieht und die Nettomigration außen vor lässt). Gleichzeitig sind die Gesamteinnahmen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, zwar recht hoch, das gesamtwirtschaftliche Wachstum ist jedoch schleppend und die Zinsen sind seit Jahren niedrig, ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Doch eine konsolidierte Strategie auf europäischer Ebene ist unerlässlich, wenn Europa seine Position als Region mit einem hohen Durchschnittseinkommen behalten möchte. Pfeile in Form von Konjunkturprogrammen, größeren monetären Lockerungen und Strukturreformen könnten hier ins Schwarze treffen und so zur Sicherung der Zukunft Europas und des anhaltenden Wohlstands beitragen.
Eine anhaltende Geldschwemme in Verbindung mit niedrigen Zinsen könnte den Peripheriestaaten helfen, ihre Schuldenlast abzubauen. Dies würde das Potenzial für das Wirtschaftswachstum erhöhen - und die Möglichkeit schaffen, dass das Wachstum die Inflation übersteigt, so dass die Realvermögenslage wieder zunehmen und auch die Kaufkraft stärker wachsen kann. Um diese Schulden überschaubarer zu machen, könnte die Europäische Zentralbank einen großen Teil der Staatsanleihen halten - die Bank of Japan hält knapp die Hälfte der ausstehenden japanischen Staatsanleihen.
Gezielte kreditfinanzierte Konjunkturprogramme sind eine zweite Maßnahme, die dazu beitragen könnte, die europäische Wirtschaft anzukurbeln. Die vor allem in Deutschland anvisierte „Schwarze Null“ bringt in einem Umfeld niedrigen Wachstums oder einer Rezession keinen Mehrwert. Vielmehr muss die Zukunft durch gezielte Unterstützung gesichert werden. Hier sind Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur wichtig - die digitale Infrastruktur Europas hinkt vielen Ländern hinterher. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, insbesondere beim Übergang zu 5G, damit Europa nicht zurückbleibt.
Gleichzeitig sollten Schlüsselindustrien definiert und systematisch gefördert werden. Derzeit ist Deutschland das Land mit der fünfthöchsten Zahl von Start-ups im Bereich der künstlichen Intelligenz und der dritthöchsten Dichte an Robotern in Fertigungsprozessen. Aber solche Bemühungen müssen systematisch unterstützt und durch staatliche Mittel sowie geeignete Bildungsprogramme propagiert werden. Strukturreformen könnten hier zusätzliche Unterstützung bieten und steuerliche Anreize für vielversprechende Branchen schaffen, insbesondere in neuen Bereichen wie der künstlichen Intelligenz, die auch das Wachstum ankurbeln könnten. Andere wichtige Strukturreformen betreffen Renten- und Arbeitsreformen, mit deren Umsetzung einige Länder begonnen haben, wo aber insgesamt noch viel zu tun bleibt. Denn ist es unerlässlich, die langfristigen Verbindlichkeiten -insbesondere im Bereich der Altersversorgung - zu reduzieren.
Volltreffer für die Zukunft
Die genannten Maßnahmen und besonders die Förderung von Industrien wie der Robotik und künstlichen Intelligenz könnten einen Erfolgszyklus für Europa generieren, bei dem einerseits fehlende Arbeitsplätze durch Automatisierung ausgeglichen werden können und andererseits die Produkte selber Europa im weltweiten Wettbewerb nach vorne bringen könnten. Dass Roboter in Zeiten einer alternden Bevölkerung und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel helfen können, hat das Land der aufgehenden Sonne eindringlich gezeigt. Und von der künstlichen Intelligenz wird behauptet, dass sie unsere Welt nochmals revolutionieren könnte. Das prognostizierte Umsatzwachstum im Bereich künstliche Intelligenz soll von 1,4 Billionen 2016 auf fast 60 Billionen bis 2025 ansteigen. Derzeit sind Firmen, die hier interessant sind, neben den bekannten Größen wie Amazon und NVIDIA aus den USA sowie Alibaba und Tencent in China auch Keyence und Fanuc aus Japan.
Europa hat das Potenzial und die Möglichkeiten, groß zu bleiben und voranzukommen. Dazu muss es sich jedoch von veralteten Denkweisen lösen und proaktiv, innovativ und mutig den Köcher füllen und den Bogen anlegen, um mit den Pfeilen ins Schwarze zu treffen.